INTERVIEW MIT MONIKA FETH - Von Barbara Beiner-Meßing

 

Lesen Sie selbst gerne? Welche Bücher mochten Sie als Kind/ als Jugendliche? Welche Bücher
mögen Sie heute?

 


Ich lese leidenschaftlich gern und muss mich oft bremsen, damit ich nicht alles darüber vergesse. Mit zehn Jahren entdeckte ich "Die schönsten Sagen des klassischen Altertums" in der Sammlung von Gustav Schwab. Sie wurden mein absolutes Lieblingsbuch, neben dem alles andere verblasste. Die Geschichten ließen einen ganzen Kosmos in meinem Kopf entstehen, das hat mich regelrecht umgehauen. Mit dreizehn habe ich "Schuld und Sühne" von Dostojewski gelesen, und ab da war es endgültig um mich geschehen. Ich wurde süchtig nach Literatur und bin es bis heute geblieben. Ich lese alles, was mir in die Finger kommt, am liebsten jedoch Psychothriller.

Jugendbücher habe ich früher überhaupt nicht gelesen, weil ich gar keine kannte. Ich habe sofort den Sprung vom Kinder- zum Erwachsenenbuch gemacht. Ich habe noch heute so meine Probleme mit diesen Klassifizierungen, denn Leser sind viel zu unterschiedlich, um sie alle in einen Topf zu werfen. Meine Krimis z. B. werden von Dreizehnjährigen ebenso gelesen wie von Erwachsenen. Manchmal schreiben mir Fans, die sind erst zwölf. Mein ältester Fan ist vierundneunzig! Es kommt doch darauf an, wie viel ein Mensch versteht und verkraftet, wie reif er ist und wie wissbegierig. Nach welchen Kriterien soll man da denn Grenzen setzen?

 

Gibt es einen Ort, an dem Sie besonders gerne lesen?

 


Ich lese immer und überall. Es gibt keinen direkten Lieblingsort, höchstens ein Lieblingsmöbelstück und das ist ein ganz bestimmter Sessel in unserem Wohnzimmer, in dem ich mich wie eine Katze einrollen kann, um die Welt zu vergessen.

 

Welche Bücher sollten Kinder und Jugendliche unbedingt lesen? Nennen Sie bitte Ihre persönlichen Top 5!

 


Das kann ich leider nicht, dazu liebe ich einfach zu viele Bücher und ich möchte keines davon an die zweite oder dritte Stelle setzen ...

 

Wollten Sie schon immer Schriftstellerin werden?

 


Nein. Vor diesem Beruf hatte ich viel zu viel Respekt. Ich bin ganz zufällig zum Schreiben gekommen. Nach dem Abitur habe ich Deutsch und Englisch studiert, und als ich mich auf mein Examen vorbereitete, hat sich einer meiner Freunde aus Angst vor einer Prüfung das Leben genommen. Das hat mir damals den Boden unter den Füßen weggezogen und war der Anlass dafür, dass ich angefangen habe zu schreiben. Mein erstes Buch entstand für diesen toten Freund. Es fand sofort einen Verlag und ich war plötzlich Autorin, ohne das jemals geplant zu haben.

 

Jettes Mutter Imke ist auch Krimiautorin. Sind Sie Imke Thalheim?

 


Der Gedanke liegt nahe, ich weiß, aber es ist nicht so. In jeder meiner Figuren steckt ein Stück von mir, auch in Imke Thalheim, aber sie ist mir nicht ähnlicher als die anderen Figuren. Ich finde es einfach sehr angenehm, aus ihrer Perspektive über den Beruf und den Alltag einer Schriftstellerin zu schreiben, weil es da eine Menge interessanter Aspekte gibt.

 

Woher nehmen Sie die Ideen für Ihre Bücher?

 


Da bin ich wie ein Schwamm, der jede noch so kleine Information, jedes Bild, jedes Geräusch, jeden Geschmack und jede Stimmung aufsaugt. "Das blaue Mädchen" ist aus einer Zeitungsnotiz heraus entstanden. "Fee" habe ich geschrieben, nachdem ich vom Tod eines schwerstbehinderten jungen Mädchens aus einem Nachbarort gehört hatte, von dem man erzählte, sie habe jeden Menschen in ihrer Umgebung bezaubert und mit ihrer Tapferkeit beeindruckt. "Der Erdbeerpflücker" wurde von den Erdbeerpflückern inspiriert, die jedes Jahr im Sommer die Erdbeeren auf den Feldern rings um unser Dorf ernten. "Der Gedankensammler" entstand aus einem einzigen Wort, das mir plötzlich in den Sinn kam: "Gedankensammler".

 

Warum schreiben Sie eigentlich Krimis- was begeistert Sie gerade an dieser Literaturgattung?

 


Die Spannung. Die Poesie. Und dass man der Gefahr und dem Tod begegnen kann, ohne daran zu verbrennen.

 

Welche Merkmale sollte ein guter Krimi unbedingt haben?

 


Ein guter Krimi hat eine sprachliche, inhaltliche und formale Ästhetik. Er reduziert sich nicht auf dieäußere Handlung, behandelt ein interessantes Thema und holt die Spannung aus der Tiefe und Vielschichtigkeit der Figuren. Er muss, wie jedes gute Buch, den Leser tief in seinem Innersten berühren. Krimis/Bücher, die ich liebe, lassen mich immer ein klein wenig verändert zurück ...

 

Werden die Jette-Krimis irgendwann einmal verfilmt?

 


"Der Erdbeerpflücker" wird demnächst verfilmt. Die Vorarbeiten laufen bereits und ich bin wahnsinnig gespannt.

 

In Ihrem Buch "Teufelsengel" kommt zwar immer noch der gleiche Kommissar vor, die
Hauptfigur ist aber nicht mehr Jette, sondern die junge Journalistin Romy Berner. Startet mit
"Teufelsengel" eine neue Reihe?

 


Romy ist eine neue Figur, die mich sehr fasziniert. Aber sie wird Jette nicht verdrängen, sondern neben ihr bestehen. Im Augenblick schreibe ich den fünften Jette-Band, "Der Sommerfänger", in dem es wieder Sommer ist und Jette sich endlich wieder verliebt. Er wird im April 2011 erscheinen. Danach werde ich Romy in einen zweiten sehr, sehr spannenden und gruseligen Fall verwickeln. Hauptkommissar Bert Melzig wird zukünftig in beiden Reihen ermitteln. Ich würde gern immer abwechselnd über Jette und Romy schreiben.

 

Schreiben Sie auch mal ein Buch, in dem ein Junge die Hauptfigur ist?

 


In vielen meiner Kinderbücher spielt ein Junge die Hautrolle (in den meisten meiner Bilderbücher sind es sogar alte Männer). Und in meinen Krimis geht es ja auch gar nicht nur um die Mädchen, selbst wenn sie im Vordergrund stehen. Es gibt eine ganze Reihe interessanter männlicher Figuren: Mike, Claudio, Georg, Ruben, Ben, Manuel. Und in "Teufelsengel" Calypso, Björn (der demnächst mehr in den Vordergrund treten wird), Vero und seine zwölf Jünger.

 

Bitte geben Sie Jugendlichen, die gerne schreiben, einige gute Tipps. Worauf kommt's an?

 


Nehmt euch nicht zu viel vor. Ein Buch entsteht Stück für Stück. Schreibt nur so lange, wie ihr Lust habt, unterbrecht dann ruhig und schreibt am nächsten Tag weiter. Genau so arbeiten die Schriftsteller. Sie schreiben oft jahrelang an einem Roman (Elias Canetti hat für eines seiner Bücher zwanzig Jahre gebracht). Lasst euren Text von jemandem beurteilen, zu dem ihr Vertrauen habt. Es ist wichtig, mit Kritik umgehen zu lernen. Überarbeitet, was ihr geschrieben habt, so lange, bis ihr hundertprozentig zufrieden seid. Schickt das Manuskript nicht zu schnell an einen Verlag, sonst ist die Absage garantiert.
Vor allem: Lasst euch nicht die FREUDE am Schreiben nehmen, das ist das Allerwichtigste.



Was wünschen Sie allen Leserinnen und Lesern?

 


Dass sie nie aufhören zu lesen und dass sie in ihrem Kopf jederzeit eine Welt entstehen lassen können, in der sie alles sein können, was sie wollen, dass sie Bücher finden, die sie begeistern, erfüllen und glücklich machen.

 

© 2011 Schroedel, Braunschweig

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